Schweres Licht auf Papier - Das besondere Blatt

 

Meisterwerke aus dem Kupferstichkabinett, Kunsthalle Karlsruhe

 
     
     
 

Fünf Streifen auf schwerem Büttenpapier, unterschiedlich lang und rechtwinklig aufeinander bezogen, nur ein Hauch von Farbe im pastosen Strich des breiten Pinsels, mehr ist kaum zu sehen auf dem Blatt der Karlsruher Künstlerin Stefanie Lampert. Die fettigen Ölfarben hinterlassen einen hellbraunen Schatten auf beiden Seiten der bänderartigen Linien und heben den Farbaufstrich optisch vom Papiergrund ab. Für die schweren Streifen bildet der papierne Bildträger jedoch keine Grenze; sie reichen über die Ränder hinaus und sprengen sein Format. Unwillkürlich wandert der Blick des Betrachters die Farbbahnen entlang und wird mit ihnen über die Kanten des Bildes getragen. Die Kraft der Linien und die Dynamik ihres Zusammenspiels erreichen in der formalen und farbigen Reduktion eine Intensität, die aus der Fläche heraus in den Raum greift und die klassische Gattung der Zeichnung verlässt. Ohnehin entsprechen der breite Pinsel und die pastosen Ölfarben eher der geläufigen Vorstellung von Malerei als von Zeichnung auf Papier. Eine bedeutende Rolle in dieser luziden Komposition kommt der großen, freigelassenen Fläche des unbearbeiteten Papiers zu, deren Lichthaltigkeit von den öligen, transparent wirkenden Rändern der Farbstreifen verstärkt wird. Die Leere wird zu einem bestimmenden Faktor des Blattes und verleiht dem Bild unter der Richtungsdynamik der Linien eine konzentrierte Ruhe, die unsere Wahrnehmung herausfordert und schärft.

Eine große Leuchtkraft strahlt aus den minimalistischen Papierarbeiten Stefanie Lamperts, in deren Kunst das Zusammenspiel von Raum, Fläche, Farbe und Licht eine eigentümliche, hochsensible Visualität entwickelt. In dieser subtilen Handhabung gestaltete die Künstlerin im Jahr 2001 die Aussegnungshalle in Oberreut, wo farbige Gläser und ein sich sanft in die Wand neigendes monochromes Gemälde den Raum zu einem Ort transzendenter Erfahrung machen. 2002 verwandelte Stefanie Lampert die Ausstellungshalle des Reuchlinhauses in Pforzheim in ein "light cube", indem sie mit farbigen Folien die Fenster beschichtete und einen Farblichtraum erzeugte, der je nach Witterung und Tageszeit in steter Veränderung begriffen war.

 
     

Dr. Dorit Schäfer

 

 

 
 
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